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Sektoranalyse Tabak: Resilienz durch Anpassung

Aktualisiert: 28. Juli 2023


„Noch so viel Gesetze - all unsre Laster erreichen sie doch nie.“ ist ein Zitat von Emanuel Wertheimer, welches die Tabakindustrie kaum besser beschreiben könnte.


Der umstrittene Industriezweig ist seit Jahrzehnten einer einschränkenden staatlichen Gesundheitspolitik ausgesetzt - und dennoch fragen Konsumenten nikotinhaltige Produkte weiter nach.


Tabakunternehmen passen sich den Gegebenheiten an, entwickeln neue Produkte und erschließen ganz neue Geschäftsfelder, wie beispielsweise den Cannabismarkt im Lichte eines weltweiten Legalisierungstrends.




„Mit dem Rauchen aufzuhören ist kinderleicht. Ich habe es schon hundertmal geschafft.“

Mark Twain



Raucher Freizeit Tabakindustrie investieren Fonds


Staatliche Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums


Tabakkonsum schadet der Gesundheit. Aus diesem Grund ist die Politik seit Jahrzehnten bemüht, den Tabakkonsum auf verschiedenen Ebenen einzudämmen.


Die Europäische Union hat etwa in den Jahren 2003 und 2010 durch Richtlinien Möglichkeiten zur Tabakwerbung und zum Sponsoring (etwa die Verteilung von Gratisproben auf Veranstaltungen) europaweit stark eingeschränkt.

Lucky Strike Werbung 2001 Früher war alles besser

Über diese Mindestvorgaben hinaus haben die einzelnen Mitgliedstaaten strengere Einschränkungen vorgenommen. In Deutschland ist beispielsweise jüngst ein Gesetz in Kraft getreten, welches etwa Außenwerbung ab 2022 grundsätzlich verbieten wird. Auch E-Zigaretten und Tabakerhitzer sind hiervon betroffen.


Darüber hinaus treffen Staaten weltweit viele weitere Maßnahmen, um den Tabakkonsum einzuschränken, einschließlich hoher Verbrauchsteuern. Es heißt, eine Preiserhöhung von Tabakprodukten um 10% würde den Konsum um 4-5% senken.


In puncto Tabaksteuer zieht beispielsweise aktuell Deutschland nach und gleicht auch die Besteuerung von E-Zigaretten und Tabakerhitzern der Besteuerung herkömmlicher Zigaretten schrittweise an.


Kritisiert werden Steuererhöhungen unter anderem, weil die starken Steuererhöhungen für E-Zigaretten und Tabakerhitzern einen Anreiz setzen, wieder zur gesundheitsschädlicheren herkömmlichen Zigarette zu wechseln.



Urteilsfluten gegen Tabakunternehmen


Gesundheitlich geschädigte Raucher verklagen Tabakunternehmen bereits seit über einem halben Jahrhundert. Besonders betroffen sind die Unternehmen von Schadensersatzklagen in den USA, weil die dortigen Gerichte regelmäßig sehr hohe Ersatzansprüche stattgeben.


Die erste US-Klagewelle begann in den 1950er Jahren, als ein Kausalzusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs erstmals als erwiesen galt. In der zweiten US-Klagewelle in den 1970er Jahren ging es schwerpunktmäßig um den Vorwurf, dass Tabakunternehmen nicht vor der Suchtgefahr gewarnt haben.

Anzahl der Raucher weltweit in Mrd. Menschen

Ein erfolgreiches Vorbringen der Verteidigung der Tabakindustrie war der Einwand, dass sich Raucher der Gesundheitsgefahren bewusst waren und sich dennoch für das Rauchen entschieden haben.


Während die ersten beiden Wellen noch erfolgreich abgewehrt werden konnten, kam es in der dritten Klagewelle in den 1990er Jahren zu für die Tabakindustrie empfindlichen Urteilssprüchen. Durch geleakte Dokumente wurde nachgewiesen, dass Philip Morris juristisch Kenntnis von der Suchtgefahr hatte. Eine Verurteilung führte zu einem Schadensersatz von 51,5 Mio. USD, eine weitere von 81 Mio. USD.


In den 2000ern kam es dann zu einer weiteren Klageflut, die sich auf den Vorwurf stützte, die Bezeichnung von Zigaretten als „light“ würde eine geringere Gesundheitsgefahr implizieren, was tatsächlich nicht der Fall ist. Die Abwehr solcher Klagen mit dem Einwand, „light“ würde sich auf den leichteren Geschmack beziehen, war nicht erfolgreich. Seitdem wurden Zigaretten nicht mehr als „light“ vermarktet.



Vom Saulus zum Paulus


„From tobacco company to tobacco harm reduction company.“

Altria Group


Die Gefahr, gerichtlich zu empfindlichen Geldstrafen verurteilt zu werden, war ein wesentlicher Grund, weshalb die Tabakindustrie ihre Außenkommunikation angepasst hat.


Die Internetseiten warnen ausdrücklich vor den negativen gesundheitlichen Folgen des Tabakkonsums und bieten sogar Rauchentwöhnungskurse an. Diese Kommunikation befreit von dem Vorwurf einer nicht ausreichenden Risikoaufklärung.

Wichtigste Tabakmärkte für Tabakprodukte 2020

Aber Tabakunternehmen gehen sogar noch einen Schritt weiter: sie kommunizieren nicht nur das Problem, sondern stellen sich auch als dessen Lösung dar.


Altria beispielsweise wirbt unter dem Slogan „moving beyond smoking“ mit der eigenen Transformation von einem Tabakunternehmen zu einer Art Gesundheits-Förderungs-Unternehmen („from tobacco company to tobacco harm reduction company“).


Das Unternehmen stellt Produkte als Alternativen zu Zigaretten dar, welche die Gesundheit weniger belasten, insbesondere E-Zigaretten und Tabakerhitzer. Die Vision 2030 von Altria ist „to responsibly lead the transition of adult smokers to a smoke-free future.“ Zigaretten sind zwar mit Abstand wichtigster Umsatzbringer. Aufgrund der angebotenen Alternativprodukte wirkt Altrias Claim wirtschaftlich nachvollziehbar.



Anpassung der Strategie von Tabakunternehmen zu rauchfreien Produkten wie Tabakerhitzer, E-Zigaretten, Snus, Nikotinbeutel
Tabakunternehmen: Vom Saulus zum Paulus


Imperial Brands sieht in rauchfreien Produkten sogar eine „gewaltige globale Chance für die öffentliche Gesundheit“. Alles in allem dürfte das Reframing der Tabakindustrie der tendenziell negativen öffentlichen Wahrnehmung entgegenwirken und Möglichkeiten für einen offeneren Dialog mit Wissenschaftlern und der Politik schaffen.


Vergleich Börsenpreise Performance Tabakindustrie MSCI World Fonds

Geschäftsfeld E-Zigaretten


Das Produktportfolio von Tabakkonzernen wird zunehmend diversifizierter. Alternative Nikotinprodukte dienen der Generierung weiteren Wachstums.


Zudem unterliegen derzeit in vielen Staaten geringeren Beschränkungen, etwa aufgrund einer günstigeren Besteuerung.


Ein wichtiges Alternativprodukt ist die elektrische Zigarette (E-Zigarette), etwa „blu“ von Imperial Brands. In ihr wird eine Flüssigkeit (Liquid) verdampft, die dann vom Konsumenten inhaliert wird.


Sie gilt mangels Verbrennungsprozess als um 95% weniger gesundheitsschädlich als herkömmliche Zigaretten, so das britische Gesundheitsministerium. Auch bei der Rauchentwöhnung kann die E-Zigarette hilfreich sein.


Gleichwohl gilt ihre Wirkung auf die Gesundheit als wenig erforscht. Eine gesundheitsschädigende Wirkung kann etwa von der Verdampfung von Zusatzstoffen wie Aromen ausgehen.


Ungeachtet dessen konnte sich die erstmals 2007 vertriebene E-Zigarette auf dem Markt etablieren. Seit 2012 sind klassische Tabakunternehmen zunehmen in den Markt eingestiegen.


Die erste bedeutende Akquisition erfolgte im Jahr 2013 durch Imperial Brands mit dem Erwerb der E-Zigaretten-Sparte des chinesischen Pioniers Dragonite. Weitere Akquisitionen und Eigenentwicklungen folgten auch durch andere Tabakunternehmen.


Weltweite Tabakproduktion in Mio. Tonnen

Geschäftsfeld Tabakerhitzer


Neben E-Zigaretten sind Tabakerhitzer eine weitere Alternative zu herkömmlichen Zigaretten.


Tabakerhitzer erhitzen den Tabak, ohne ihn zu verbrennen. Während bei einer herkömmlichen Zigarette Temperaturen um die 900 °C entstehen, sind es beim Tabakerhitzer lediglich ca. 350 °C. Dadurch werden, ähnlich der E-Zigarette, etwa 95% weniger Schadstoffe freigesetzt.


Erste Tabakerhitzer kamen bereits in den 1980er Jahren auf den Markt, konnten sich aber zunächst nicht durchsetzen. Der Durchbruch gelang erst in den Jahren ab 2014.


Unter der Marke IQOS brachte Philip Morris International erneut einen Tabakerhitzer auf den Markt, was ein großer Erfolg für das Unternehmen war. 2020 betrug der weltweite Marktanteil von IQOS ca. 65%.



Weltweiter Umsatz mit Tabakprodukten in Mrd. USD

Geschäftsfeld Snus


Ein vielleicht neuer kleiner Trend in der Kategorie der rauchlosen Tabakprodukte ist Snus, eine traditionell skandinavische Form des Tabakgenusses.


Der Tabak wird in kleinen Portionen zwischen Zahnfleisch und Unterlippe gelegt. Snus ist dem Kautabak ähnlich, wird jedoch nicht fermentiert oder in Soße getränkt.


Durch den Snus-Konsum werden relativ wenig Schadstoffe freigesetzt. Dies macht ihn zu einem wichtigen Bestandteil der Kommunikationsstrategien von Tabakkonzernen, sich als „harm reduction companies“ darzustellen.


In der Europäischen Union besteht ein Verbot zum Verkauf von Snus. Das hat die großen westlichen Tabakkonzerne jedoch nicht davon abgehalten, Beteiligungen an Snus-Herstellern zu erwerben. Neben Schweden, das vom Verbot ausgenommen ist, und Norwegen sind auch die USA ein wichtiger Absatzmarkt.



Cannabis-Legalisierungstrend eröffnet neues Geschäftsfeld


Die Legalisierung bzw. Entkriminalisierung des Cannabismarktes scheint sich zu einem weltweiten Trend zu entwickeln.


Sogar in Deutschland ist sie bereits beschlossene Sache. Laut dem Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP soll die Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften möglich werden.

Befürworter begründen dies unter anderem mit der Entlastung von Justiz und Polizei, der Bekämpfung von gestreckten Substanzen, zusätzlichen Steuereinnahmen und schlicht mit dem Vergleich, dass Alkohol und Zigaretten ja auch legal seien.


Im Zusammenhang mit dem Cannabiskonsum stehende Gesundheitsgefahren, wie Psychosen oder sogar Schädigungen der Hirnrinde, scheinen beim derzeitigen Legalisierungstrend eine untergeordnete Rolle zu spielen.


Für die Tabakindustrie ist ein Engagement in diesem Bereich fast schon zwingend, da starke Synergien entstehen. Die Herstellung von Tabak und Cannabis ist ähnlich, in Joints wird Tabak mit Cannabis vermengt und es besteht die Möglichkeit, Cannabis in E-Zigaretten und Tabakerhitzern zu verwenden. Hinzu kommen bereits etablierte Vertriebsstrukturen.


Seit dem Jahr 2016 kam es zu diversen Akquisitionen und Kooperationen von Tabakunternehmen im Cannabissektor. Wenn der Cannabismarkt weiter legalisiert bzw. entkriminalisiert wird, hat er das Potenzial, sich zu einer für Tabakunternehmen umsatzstarken Produktsparte zu entwickeln.


Fazit


Schon lange gilt die Tabakindustrie als dem Untergang geweiht. Und dennoch hat sie es geschafft, sich zu behaupten.


Tabakunternehmen haben sich angepasst und bringen neue Produkte auf den Markt. Sie haben sogar den Cannabissektor für sich entdeckt, der aufgrund einer weltweiten Legalisierungswelle hohe Gewinne erwarten lässt.


Heute erstrahlen Tabakunternehmen als „nachhaltige Gesundheitsunternehmen“ in neuem Glanz. Sie möchten ihre Kundschaft von weniger gesundheitsschädlichen Alternativen überzeugen. Tabakerhitzer scheinen eine vielversprechende Produktsparte zu sein.


Wenn es darum geht, ein wertstabiles und dividendenstarkes Portfolio aufzubauen, sollten bestimmte Tabakwerte als Beimischung ernsthaft in Betracht gezogen werden.

Rechtliche Hinweise

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