Die wirtschaftliche Lage ist unsicher und geopolitische Konflikte nehmen zu. Es stellt sich daher die Frage, wie ein Portfolio optimalerweise strukturiert sein sollte, um auch in Krisenzeiten gute Erträge und Substanzstärke abzubilden.
Bestimmte Unternehmen des Verteidigungssektors sind bekannt für stabile Umsätze und gute Gewinne in allen Marktphasen. Für Anleger, die keine Zeit und nicht das Wissen dafür haben, die Märkte und Unternehmen laufend zu beobachten und Daten auszuwerten, stellt sich die Frage, welche Anlage in den Sektor Verteidigung besser ist: ein Rüstungs-ETF oder Rüstungsfonds, oder doch besser ein wertfreier Fonds?
Alles auf einen Blick
In a nutshell können folgende Vor- und Nachteile von Rüstungs-ETF, Rüstungsfonds und wertfreien Fonds zusammengefasst werden.
Rüstungs-ETF | Rüstungsfonds | Wertfreier Fonds |
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| Ähnlich einem Rüstungsfonds, allerdings:
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Inhaltsübersicht
Gründe, die für eine Investition in Verteidigung sprechen
Die Entwicklungen in Nahost und der Ukraine sind nur zwei Beispiele aktueller globaler Unsicherheiten. SIPRI zählte im Jahr 2022 insgesamt 56 mehr oder weniger starke bewaffnete Konflikte. Die geopolitische Lage ist also durch erhebliche Unsicherheiten geprägt. Und es ist ein legitimes Interesse von Staaten, sich durch Verteidigungsausgaben gegen äußere Bedrohungen zu schützen.
Staatliche Auftraggeber bescheren dem Verteidigungswesen Auftragseingänge, die in weitem Maße konjunkturunabhängig sind. Darüber hinaus sind Aufträge in der Regel langlaufend, etwa aufgrund großer Volumina oder aufgrund lukrativer langlaufender Wartungsverträge. Viele Rüstungsunternehmen bieten ihren Investoren somit ein hohes Maß an Stabilität, was sich in unsicheren Börsenzeiten auszahlen kann.
Verschiedene Verteidigungsunternehmen punkten bei Marktexperten nicht nur aufgrund ihrer Solidität. Gerade in jüngerer Zeit sind insbesondere die Gewinnerwartungen gestiegen. Und dies liegt nicht nur an der verschärften internationalen Konfliktlage oder dem 2%-Ziel der NATO, zu deren Erreichung sich die Bündnisstaaten verpflichtet haben.
Die Erwartungen an weiter steigende Gewinne beruhen mittlerweile in erheblichem Maße auch auf dem Umbruch im Verteidigungssektor aufgrund fortschreitender Digitalisierung und Automatisierung. Die Technik hat in den letzten Jahren gewaltige Fortschritte gemacht. Moderne Verteidigungssysteme sind klassischen Systemen weit überlegen. Roboter, Drohnen oder gar miteinander vernetzte und autark agierende Kampfsysteme sind nur einige Beispiele.
Staaten, die ihre Investitionen nicht in allen Militärbereichen (Heer, Luft- und Raumfahrt, Marine, Cyber-Security) massiv ausbauen, droht ein beispielloser Bedeutungsverlust. Wladimir Putin erklärte 2017: „Wer auch immer im Bereich künstlicher Intelligenz führend wird, wird die Welt kontrollieren.“
Unter den Staaten dieser Welt besteht daher ein starker Investitionsdruck und in der Folge eine hohe Nachfrage nach modernen Waffentechnologien. Davon profitieren nicht nur Rüstungskonzerne, die man als solche bezeichnet, wenn der Rüstungsumsatz über 50% liegt. Hunderte, wenn nicht tausende, weiterer Unternehmen beliefern den Verteidigungssektor mit Rüstungsgütern, militärisch verwendbaren Gütern oder Zulieferteilen.
Gute Beispiele sind Jenoptik, deren Produktportfolio auch Laserentfernungsmesser, Wärmebildkameras, LEDs, Infrarot- und Polymeroptiken umfasst, die zur militärischen Aufklärung oder zum Schutz von Infrastrukturen eingesetzt werden können, oder Mercedes Benz, die Lastkraftwagen und geländegängige Fahrzeuge insbesondere auch für militärische Zwecke herstellen. Beide Unternehmen erzielen unter 50% ihrer Umsätze mit Verteidigung und werden daher nicht als Rüstungsunternehmen klassifiziert.
Lesen Sie mehr zur Digitalisierung und Automatisierung im Verteidigungssektor in unserer Sektoranalyse Rüstung: Umbruch durch Digitalisierung.
Vor- und Nachteile eines Rüstungs-ETF
Vorteil eines ETF sind seine Kosten, die ungefähr 1% p.a. unter den Kosten eines Fonds liegen. Günstigere Kosten haben einen Effekt auf die Performance, was sich gerade über längere Zeiträume bemerkbar machen kann.
Die geringeren Kosten des ETF sind möglich, weil der Rüstungs-ETF nicht aktiv gemanagt wird. D.h. es erfolgen keine Investmentanalysen. Allokationen erfolgen grds. allein aufgrund der Marktkapitalisierung, nicht jedoch auf der Grundlage von Unternehmensdaten (Auftragslage, Forschung & Entwicklung, Alleinstellungsmerkmale etc.) oder Marktdaten (politische Situation, Zinsentwicklung, Sektorstärke etc.).
Auch kann ein Rüstungs-ETF kein aktives Risikomanagement vorweisen. Das Risikomanagement umfasst unter anderem die fortlaufende Überwachung der Positionen durch die Auswertung neuer Daten und Nachrichten und in der Folge deren ständige Neubewertung. Das Rebalancing von Positionen, die Bewertung von Interdependenzen im Portfolio und das mögliche Auflösen von Positionen sind ebenfalls wichtige Teile des Risikomanagements, das von ETF nicht geleistet wird.
Mangels aktivem Risikomanagement kann es auch zu sehr hohen Einzelgewichtungen kommen. Beispielsweise machen bei ETF, die den MarketVector Global Defense Industry Index abbilden, die fünf größten Positionen ca. 41% des Gesamtportfolios aus (Stand: 11.10.2023), mit Palantir Technologies als größter Position. Es bilden sich also teilweise erhebliche Klumpenrisiken, was mit Blick auf das Risikomanagement nur schwer vertretbar ist.
Die Gewichtung der fünf größten Positionen war wie folgt: Palantir Technologies (9,1%), Booz Allen-Hamilton (8,5%), Safran (8,0%), Thales (7,7%) und Leidos (7,7%). Starke Bewegungen von Einzelwerten können bei solchen Gewichtungen das gesamte Portfolio in Mitleidenschaft ziehen, was an der hohen Volatilität der Palantir-Aktie deutlich wird.
Vor- und Nachteile eines Rüstungsfonds
Vor- und Nachteile von Rüstungs-ETF (Verteidigungs-ETF) und Rüstungsfonds (Verteidigungsfonds) wiegen sich in weiten Teilen gegeneinander auf. Auf der einen Seite können die höheren Kosten eines Rüstungsfonds von ungefähr 1% p.a. als Nachteil angesehen werden.
Die höheren Kosten eines Fonds sind jedoch zum einen erforderlich, um eine vernünftige Investment- und Risikoanalyse zu ermöglichen, die auch beim Einsatz technischer Hilfsmittel und künstlicher Intelligenzen stets auch menschliche Arbeit voraussetzt. Ein guter Asset Manager kann Risiken antizipieren und Chancen erkennen und das Kapital in der erforderlichen Weise allokieren.
Ein Asset Manager ist auch in der Lage, eine vom Anleger gewünschte Investmentstrategie umzusetzen. Bezweckt ein Fonds beispielsweise, seinen Anlegern laufend gute Ausschüttungen auszuzahlen, wird der Asset Manager diejenigen Unternehmen bevorzugen, die selbst gute Dividendenrenditen vorweisen können und diese nach der Bewertung des Asset Managers in Zukunft beibehalten oder steigern können.
Ein Fonds kann beispielsweise das Ziel der finanziellen Nachhaltigkeit im Rahmen einer Value-Strategie verfolgen, um die Erträge für den Anleger unter Risikoaspekten zu optimieren. Der Asset Manager wird dann überwiegend Unternehmen allokieren, die ein solides Geschäftsmodell mit guter Ertragsbasis und gute Bewertungen aufweisen, d.h. nicht überteuert sind, um so dem Anlegerinteresse an Rendite und Substanzstärke gerecht zu werden.
In einem Rüstungsfonds mit Value-Strategie würde sich der Asset Manager beispielsweise schwer tun, den Konzern Palantir Technologies zu allokieren. Denn das KGV 2023 liegt bei hohen 312, der Free Cash-flow ist sehr schlecht, es gibt keine Dividendenzahlungen und die Auftragslage ist sehr undurchsichtig (Stand: 11.10.2023). Das Unternehmen wäre allenfalls für eine Allokation im Rahmen einer Wachstumsstrategie geeignet, die bewusst höhere Risiken eingeht.
Vor- und Nachteile eines wertfreien Fonds
Ein „wertfreier Fonds“ ist ein Fonds, der keine Branchen pauschal ausschließt und nicht nach Maßgabe von ESG-Scores allokiert. Dadurch ist das potenzielle Anlageuniversum sehr breit und der Asset Manager kann sich auf das Wesentliche konzentrieren: Rendite und Substanzstärke entsprechend der jeweiligen Anlagestrategie. Der Asset Manager ist nicht gezwungen, eine lohnende Investition zu unterlassen, nur weil sie bestimmten Formalkriterien nicht entspricht.
Der wertfreie Fonds ist daher auch in der Lage, Unternehmen aus den Sektoren Atom, Öl & Gas, Tabak, Verteidiung oder Mining zu selektieren, was viele Fonds kategorisch ausgeschlossen haben. Der wertfreie Fonds kann grundsätzlich auch in ein Unternehmen wie Rio Tinto investieren, einem profitablen und günstig bewerteten Mining-Unternehmen, dessen ESG-Score allerdings lediglich C beträgt (gem. Refinitiv, Stand: 11.10.2023).
Gegenüber einem Themenfonds, wie einem Rüstungsfonds (Verteidigungsfonds), hat ein wertfreier Fonds auch den Vorteil, Allokationen in einem Sektor zu variieren. Entsprechtend der Markt- und Unternehmensanalysen kann der Asset Manager Rüstungsunternehmen aufstocken oder herabsetzen. Anders sind Rüstungs-ETF und Rüstungsfonds an den Sektor Verteidigung gebunden, auch wenn sich die Daten derart ändern, dass eine Herabsetzung von Positionen geboten erscheint.
Auch bei der Portfoliosteuerung ist ein nicht wertfreier Fonds gegenüber einem Rüstungsfonds im Vorteil. Beispielsweise kann ein Asset Manager sein Portfolio derart zusammensetzen, dass sich Schwankungen einzelner Sektoren oder Unternehmen in gewissem Maße gegeneinander aufheben, um die Schwankungsbreite des Fonds zu verringern. Man nennt dies Korrelationssteuerung.
Fazit
Egal ob Verteidigungs-ETF, Verteidigungsfonds oder wertfreier Fonds - alle haben ihre Vor- und Nachteile. Der Verteidigungs-ETF (Rüstungs-ETF) hat den Vorteil geringerer Kosten. Nachteil ist jedoch, dass der ETF, anders als ein Fonds, keine Investmentanalysen und keine Risikosteuerung betreibt. In ETF kommt es regelmäßig zu sehr hohen Gewichtungen von Einzelwerten (10% oder mehr), was sich erheblich auf die Performance des Gesamtportfolios auswirken kann.
Aufgrund der alleinigen Allokation nach Marktkapitalisierung wird das ETF-Portfolio zudem in der Regel individuellen Anlegerbedürfnissen nicht gerecht werden können. Beispielsweise wäre ein Rüstungs-ETF aufgrund des sehr hohen Anteils von Palantir Technologies (9,1% per 11.10.2023) kaum für Anleger geeignet, die nicht bereit sind, sehr hohe Risiken einzugehen.
Rüstungsfonds und wertfreie Fonds punkten mit einer soliden Investmentanalyse in Umsetzung der jeweiligen Anlagestrategie sowie einem aktiven Risikomanagement. Der wertfreie Fonds hat zudem den Vorteil, dass er nicht starr auf einen Sektor festgelegt ist, sondern die Sektorallokation - je nach Marktbedingungen - herauf- oder herabsetzen kann.