Die westliche Welt befindet sich in einem bereits seit Jahren andauernden Cannabis-Legalisierungstrend. Der deutsche Gesundheitsminister hat nun auch ein Gesetzespaket zur weitreichenden Legalisierung von Cannabis (Hanf) in Deutschland vorgestellt und setzt damit ein bereits im Koalitionsvertrag geplantes Vorhaben um.
Die meisten der großen Tabakkonzerne haben sich schon vor Jahren auf dem Cannabismarkt durch Akquisitionen und Investitionen positioniert. Dadurch möchten sie ein stark wachsendes Geschäftsfeld für sich erschließen.
Dabei dürften Tabakunternehmen in besonderem von der Legalisierung von Cannabis (auch: Weed, Gras, Pod, Hanf) profitieren. Denn es bestehen starke Synergien. Neben bereits etablierten Vertriebsstrukturen kommt hinzu: Die Herstellung von Tabak und Cannabis ist ähnlich, in Joints wird Tabak mit Cannabis vermengt und es besteht die Möglichkeit, Cannabis über E-Zigaretten und Tabakerhitzer zu konsumieren.
In diesem Beitrag fassen wir für Sie zusammen, welche Investitionen die Tabakkonzerne Altria, Imperial Brands, Phillip Morris International und British American Tobacco bereits in den Hanfmarkt getätigt haben.
Altria
Im Dezember 2017 investierte Altria 1,8 Mrd. US-Dollar in 45% der Anteile an der Cronos Group, einem kanadischen Cannabisunternehmen. Altria möchte mit dieser Investition „dazu beitragen, Cronos als führendes Unternehmen in einem hochgradig verantwortungsvollen, regulierten und legalisierten US-Cannabismarkt zu positionieren“.
Die Cronos Group ist ein börsengelistetes Unternehmen. Nach dem Platzen der Cannabis-Blase Anfang 2019 hat das Unternehmen seinen anfänglich stark gestiegenen Börsenwert wieder eingebüßt. Dadurch musste Altria den Wert seiner Beteiligung in erheblichem Umfang abschreiben. Der Wertverlust von Cronos wird auch auf die komplexen rechtlichen Rahmenbedingungen des US-Cannabismarkts zurückgeführt.
British American Tobacco
Der Tabakkonzern British American Tobacco (BAT) investiert seit 2020 über sein Tochterunternehmen BTomorrow Ventures in diverse Start-ups der Bereiche Cannabis (Hanf), Cannabidiol (CBD) und anderen „Wellnessprodukten“ befassen.
Im März 2021 investierte BAT einen Betrag von 221 Mio. USD in Organigram Holdings, ein kanadischer Cannabisproduzent. Das Investment umfasste Firmenanteile in Höhe von ca. 20% und den Abschluss einer Kooperationsvereinbarung. Organigram ist auf den Anbau, d.h. die Primärproduktion von Cannabis spezialisiert.
Im Juni 2021 investierte BAT einen Betrag von 31 Mio. CAD in Trait Biosciences. Das kanadische Unternehmen ist auf Cannabinoid(CBD)-Produkte spezialisiert. Flagschiffprodukt ist wasserlösliches CBD, welches in einer Vielzahl von anderen CBD-Produkten weiterverarbeitet werden kann, beispielsweise in CBD-Getränken.
Im September 2022 erwarb BAT eine Minderheitsbeteiligung an dem nicht-börsennotierten deutschen Cannabisunternehmen Sanity Group. Durch die Beteiligung ergebe sich für BAT eine "Ausweitung der Beyond-Nicotine Strategie nach Europa". Das Produktportfolio von Sanity Group umfasst CBD Produkte und medizinisches Cannabis.
Ein weiteres Cannabis-Investment erfolgte im September 2022. BAT hat einen Betrag von 20-25 Mio. USD in Open Book Extracts investiert. Das US-Unternehmen ist auf die Herstellung von Cannabinoid-Produkten (CBD) und speziellen Cannabidoid-Derivaten spezialisiert. Die Kooperation mit BAT erstreckt sich insbesondere
Im November 2022 erwarb BAT für 48,2 Mio. GBP eine Beteiligung von fast 20% an Charlotte´s Web, welches sich auf Cannabisextrakt-Wellnessprodukte spezialisiert hat. Profitieren möchte BAT vor allem von dem breit aufgestellten Portfolio hochwertiger Produkten und der umfangreichen Einzelhandelspräsenz in den USA.
Ausweislich der Internetseite von BTomorrow Ventures hält BAT auch ein Investment in Cannopeia. Das israelische Start-up ist auf Vaporisierer (E-Vaper, Inhalierer) für Cannabis und sowie Wirkstoffe und Aromen spezialisiert. Nähere Einzelheiten hat BAT zu diesem Investment nicht offen gelegt.
Ferner weist die Internetseite von BTomorrow ein Investment von BAT in den in London ansässigen Frucht-Shot-Hersteller Unrooted aus. Das Unternehmen bietet auch Drinks mit zugesetztem Cannabidiol (CBD) an. Auch insoweit hat BAT keine näheren Hintergründe zu Art und Umfang des Investments offengelegt.
Imperial Brands
Im Juni 2018 investierte Imperial Brands in Oxford Cannabinoid Technologies (OCT). Nach Angaben von OCT entwickelt das Unternehmen Wirkstoffe zur Schmerzbekämpfung unter Einsatz von Cannabinoid-Derivaten. Die genaue Höhe des Investments ist nicht bekannt.
Matthew Phillips, Chief Development Officer bei Imperial Brands, sagte: „Wir freuen uns über die Partnerschaft mit OCT. Cannabinoidprodukte haben ein erhebliches Potenzial, und unsere Investition ermöglicht es uns, die wichtige Forschung von OCT zu unterstützen und gleichzeitig ein tieferes Verständnis vom medizinischen Cannabismarktes zu entwickeln.“
Im September 2019 erhöhte Imperial Brands sein Engagement auf dem Cannabismarkt über ein Investment in Höhe von 123 Mio. CAD in Auxly, einem kanadischen Cannabisunternehmen. Die von Imperial Brands erworbene Wandelschuldverschreibung berechtigen zum Erwerb einer 19,9%-igen Beteiligung an Auxly berechtigen.
Die Transaktion gewährt Auxly auch bestimmte Exklusivrechte für die zukünftige Entwicklung, Herstellung, Kommerzialisierung von Cannabisprodukten durch Imperial Brands. Ob dieser Deal Imperial Brands bei anderen Cannabisinvestitionen einschränkt, ist derzeit nicht öffentlich bekannt.
Philip Morris International
Im Jahr 2016 investierte Phillip Morris International (PMI) 20 Mio. US-Dollar in das israelische Unternehmen Syque Medical. Das Unternehmen befasst sich mit der Entwicklung von medizinischen Cannabis-Inhalatoren. Allerdings hat PMI keine öffentlichen Angaben zu der Beteiligung getätigt.
Im September 2021 gab PMI den Kauf von Fertin Pharma für 820 Mio. US-Dollar bekannt. Das dänische Unternehmen gilt als führend bei der Herstellung von oralen Verabreichungssystemen, darunter Kaugummis, Beutel, Tabletten und andere feste orale Systeme für die Verabreichung von Wirkstoffen, einschließlich Nikotin. Das Unternehmen ist auch Hersteller von Lösungen für die Nikotinersatztherapie.
Durch den Kauf von Fertin Pharma soll PMI die Entwicklung von verschiedenen "botanischen und anderen Selfcare-Wellnessprodukten" vorantreiben. Unter den Aspekt Selfcare-Wellnessprodukten fällt hierbei auch die Produktion von oralen CBD-Produkten. Im Jahr 2022 wurde Fertin Pharma integriert in das, auch von PMI akquirierten Unternehmens Vectura, und zu Vectura Fertin Pharma zusammengefasst.
Japan Tobacco
Bei dem japanischen Tabakunternehmen Japan Tobacco konnten wir keine Investitionen in den Cannabissektor feststellen werden. Grund hierfür könnte neben dem Cannabis Control Act, der Cannabis (Hanf) sowohl für den Freizeitgebrauch als auch den medizinischen Gebrauch streng reguliert, auch die japanische Staatsbeteiligung an Japan Tobacco liegen. Die Staatsbeteiligung Japans liegt bei einem Drittel und der Finanzminister muss sein Einverständnis für wichtige unternehmerische Entscheidungen geben.
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